Ein Schülerbericht von Justus –

In der zweiten Woche der Herbstferien machte ich mich auf eine Reise der besonderen Art. Gemeinsam mit ca. 30 anderen Schülern aus verschiedenen Schulen fuhr ich nach Krakow, auch Krakau genannt. Organisiert und begleitet vom Stadtjugendring Königs Wusterhausen als Fahrt der Jugendverbände des Landkreises Dahme-Spreewald zusammen mit den Jungen Humanisten und der Kreissportjugend Dahme-Spreewald.

Unser Hotel lag im alten jüdischen Viertel Krakaus, ein lebendiges Viertel voller Geschichte und alten Gebäuden. Unser erster Ausflug führte uns zum KZ Auschwitz – zwei Stunden lang in unserem bequemen und klimatisierten Bus. Im Geschichtsunterricht hatte ich Bilder gesehen von Güterzügen, mit denen die Menschen dorthin transportiert worden waren. Nix mit Sitzplätzen und Heizung.

Eine beklemmende Vorstellung.

Von außen wirkte das KZ erstmal relativ harmlos und unscheinbar, da es größtenteils eingemauert war, allerdings sah man über die Mauer die Wachtürme und Baracken. Als wir durch einen Tunnel, in dem die Namen der ermordeten Juden über Lautsprecher vorgelesen wurden, das KZ betraten, spürte man eine starke Veränderung der Stimmung und Atmosphäre. Es war, als hätte man eine Kapsel betreten. Man hörte zwar noch die Autos auf der Straße und das Gezwitscher der Vögel, aber das verblasste schnell durch die drückende Aura des KZ. Über dem Eingangstor prangten die Worte „Arbeit macht frei“.

Das bedrückende Gefühl verstärkte sich beim Betreten einer Baracke durch den unbeschreiblichen Geruch, der uns entgegenkam. Wir sahen Fotos von Gefangenen, die kaum mehr wahren als Haut und Knochen. In riesigen Kästen werden Überbleibsel der Habseligkeiten der Gefangenen aufbewahrt, z.B. Prothesen, Haare und Schuhe.
Im Vorbeigehen fiel mir ein Schuh besonders auf, wahrscheinlich weil er farblich herausstach. Ein blauer alter Turnschuh, der noch gut erhalten war. Ich fragte mich: „Was für ein Leben hatte der Besitzer wohl und wie hätte er es weitergelebt?“. Da wurde mir übel, denn plötzlich hatte ich eine Vorstellung davon, wie viele Menschen hier misshandelt und getötet worden waren. Wir durchliefen weiter das Lager und sahen die Strafzellen, die noch erfüllt waren mit einem Gestank von Leid, Angst und Tod.

Die ganze Fahrt zurück ins Hotel verfolgten mich die Eindrücke aus dem Lager und damit war ich nicht der Einzige, dem es so ging: viele der Mitreisenden erzählten von demselben Gefühl und einer Art Stumpfheit, wie ein Schutzwall vor so viel Grauen, das wir gesehen hatten.

Stillschweigend lauf´ ich durch den Raum
Traue kaum, mich umzuschau´n.
Hinter den Scheiben ein Haufen Schuhe.
Wieso das Ganze und wozu?
Die Haare, einst noch gepflegt,
Die Koffer, extra gepackt,
Die Brillen, zum Sehen genutzt,
Die Prothesen, um gehen zu können,
Die Kleidung, gerade noch getragen.
All diese Menschen kamen mit dem Zug.
Unrecht wurde ihnen getan, sie mussten leiden.
Haare abscheren, sich umkleiden.
Schuften, Hungersnot, Schläge, Krankheiten.
Und alles ohne Schonzeiten.
So ein grauenvoller Ort!
So viele Menschen, so viel Mord!
Millionen Menschen mussten sterben!
Am Ende keine Chance es zu verbergen.
Ein gewaltiger Ort, grausame Schandtat.
Und nun ein riesiges Grab
Stacheldraht, der noch steht,
Wind, der um die Trümmer weht,
Rabe, der am Eingang kräht –
Ich bin auf einem anderen Planet.
Man kann es schwer in Worte fassen,
solch riesengroße Menschenmassen!,
die hier mussten ihr Leben lassen:
Solch eine Geschichte dürfen wir nicht wieder zulassen. Charly/ xcharlooooo insta

Am zweiten Tag besichtigten wir das Lager Auschwitz-Birkenau. Auch hier sahen wir viele Baracken, in die die Menschen unter unwürdigen Bedingungen eingepfercht waren, für mich überhaupt nicht vorstellbar. Ihr hättet die Sanitär-Gebäude sehen sollen: die waren erfüllt von einem alten Geruch, in dem ich noch die Ausdünstungen der schwitzigen Körper und Exkremente wahrnahm. Wir kamen auch an einem Krematorium vorbei und betraten am Ende die Baracke der Kinder. Es war gelinde gesagt gruselig darüber nachzudenken, dass Kinder in einer so grausamen Umgebung leben und aufwachsen mussten. Mehr als 200.000 Kinder wurden umgebracht, nur 750 konnten befreit werden, doch auch von ihnen starben noch viele.

Nach den grauenvollen Eindrücken aus den Lagern beendeten wir unsere Reise mit dem Erkunden des jüdischen Viertels und Friedhofs.

Abschließend kann ich sagen: Man fährt nicht in die Gedenkstätte Auschwitz und kommt unverändert zurück.

Justus Köppen – Klasse 12.1

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