Meine Zeit als Juniorstudent –

Mein Name ist Carl. Ich bin Schüler an der Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe Königs Wusterhausen der FAWZ und habe im Wintersemester 2024/2025 – also ungefähr das erste Schulhalbjahr der 11. Klasse – ein Juniorstudium im Fachbereich Mathematik an der Universität Potsdam absolviert.
Wie ich eigentlich auf das Juniorstudium gekommen bin, weiß ich heute gar nicht mehr mit Sicherheit. Schule fällt mir insgesamt recht leicht. Umso interessierter war ich, als ich von der Möglichkeit eines Universitätsstudiums schon während der Schulzeit hörte.

Was ist eigentlich ein Juniorstudium?
Bei einem Juniorstudium geben Universitäten und Hochschulen interessierten Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, erste Erfahrungen an Universitäten zu sammeln. Man kann neben der Schule einen Studiengang auszuprobieren, den man später vielleicht studieren möchte. Dabei lernt man zusammen mit den regulären Studierenden ein Semester lang in einem Modul. Ein Modul ist eines von mehreren Unterthemen eines Studiengangs – vergleichbar mit einem Schulfach in der Schule.
Nach einigem Überlegen entschied ich mich für die Universität Potsdam und das Studienfach Mathematik. Deren Exaktheit und der rein logische Aufbau hatten mich schon seit langem fasziniert.

Die Vorbereitungen
Für das Juniorstudium muss man sich innerhalb einer bestimmten Frist bewerben, inklusive Motivationsschreiben, Lebenslauf, Kopien der letzten beiden Zeugnisse und Bescheinigungen der Schule und der Eltern. Vorher musste ich jedoch sowohl mit der Uni als auch mit der Schule besprechen, wie das überhaupt funktionieren könnte. Für beide war wichtig, dass meine außerschulischen Aktivitäten meine Leistungen in der Schule nicht beeinträchtigen würden. Meine Klassenleiterin, Frau Dr. Linzke, kannte mich aus dem Unterricht und unterstützte mich mit einem Unterstützungsschreiben. Auch mein Direktor, Herr Patzer, traute mir die zusätzlichen Aufgaben anhand meiner bisherigen schulischen Leistungen zu und bestätigte das schriftlich gegenüber der Uni Potsdam. Ich musste außerdem darlegen, wie ich den Stoff der verpassten Unterrichtsstunden nachholen würde. Wichtig war: Kein Schulfach durfte komplett ausfallen. Ich wartete also die Stundenpläne ab, um Uni und Schule passend zu kombinieren.
Schließlich entschied ich mich für das Modul Lineare Algebra & Analytische Geometrie. Das bedeutete aber, dass ich aufgrund der langen Anfahrtszeiten mit Bus und Bahn nach Potsdam zwei volle Tage pro Woche in der Schule fehlen würde. Das war auch im Vergleich mit anderen Juniorstudenten sehr viel und eine echte Herausforderung. Man kann ein Juniorstudium jedoch jederzeit abbrechen, wenn es zusammen mit der Schule nicht mehr zu bewältigen ist. Ich hatte also keinen Druck und konnte es deshalb gelassen angehen.

Der Uni-Alltag
Los ging es mit Kennenlerngesprächen – zuerst mit der Studienberatung und dann auch in einer größeren Runde, in der ich die anderen Juniorstudenten kennenlernte. Wir waren zu viert im Bereich Mathematik und zu zweit im Modul Lineare Algebra & Analytische Geometrie. Tutoren (andere Studierende aus höheren Semestern) erklärten uns, wie der Alltag an der Universität ablief und gaben uns eine Führung über den Campus Golm.
Dann begann das eigentliche Studiensemester. Von nun an fuhr ich zweimal pro Woche in die Universität, besuchte mit den anderen Studenten die Vorlesungen und bearbeitete jede Woche vier umfangreiche Aufgabeneinheiten mit einer anderen Juniorstudentin. Das war anspruchsvoll und nahm pro Woche ungefähr 4 bis 6 Stunden ein, zusätzlich zur Zeit an der Uni.

Auch der Schulstoff aus zwei Fehltagen wöchentlich musste nachgeholt werden. Dazu kamen meine Hobbys. Viel Freizeit blieb mir da nicht und ohne die bereitwillige Unterstützung einer Mitschülerin, die mir während des gesamten Semesters alle wichtigen Schulunterlagen schickte, hätte ich es nicht geschafft.
Trotzdem hat sich die Mühe mehr als gelohnt. Während des Juniorstudiums lernte ich alles, was mich interessierte und noch viel mehr. Ich bekam grundsätzliche Antworten darauf, auf welchen Grundlagen der Mathematik-Unterricht in der Schule beruht, Antworten auf komplexe Fragen, die über den Mathematik-Unterricht hinausgehen und Antworten auf Fragen, die ich mir noch nie gestellt hatte. Ich erlangte ein grundsätzlicheres Verständnis der Mathematik und neue Denkweisen und Ansätze, die mir auch über die Mathematik hinaus den Horizont erweiterten.

Am Ende des Semesters war ich ziemlich erschöpft. Nicht nur Freizeit, sondern auch Schlaf waren öfter zu kurz gekommen. Die behandelten Themen waren komplizierter als alles, womit ich mich bisher beschäftigt hatte. Trotzdem hatte ich mich mit den gelösten Aufgabeneinheiten für die Modulabschlussprüfung qualifiziert und bestand sie sogar. In einem eventuellen Mathematikstudium könnte ich mir diese dann anrechnen lassen.

Abschließende Gedanken
Das Juniorstudium hat mir gezeigt, wie spannend Mathematik über die Schule hinaus sein kann. Dennoch habe ich für mich erkannt, dass ich sie eher nicht zu meinem Lebensinhalt machen möchte.
Diese Erkenntnis ist für mich mindestens genauso viel wert, wie alles Fachliche, was ich während des Studiums gelernt habe.
Deshalb würde ich das Juniorstudium jedem empfehlen, der über die Schule hinaus Lust auf eine echte Herausforderung hat, sich für ein Fach besonders interessiert oder einfach mal Uni ausprobieren möchte. Man lernt nicht nur unfassbar viel Neues – es ist auch eine herausragende Möglichkeit, herauszufinden, was man später einmal beruflich machen möchte oder was eher nichts für einen ist.

Gender-Hinweis:
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir eine gendergerechte Form von Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. Wir möchten darauf hinweisen, dass dies aus rein redaktionellen Gründen geschieht und keinerlei Wertung beinhaltet. Selbstverständlich beziehen sich die Angaben auf alle Geschlechter.

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