Die Aula unserer Gesamtschule Königs Wusterhausen war gut gefüllt mit Schülerinnen und Schülern der 9. bis 11. Jahrgangsstufe, als Henry Schachtner als Zeitzeuge aus seinem Leben erzählte.
Der 80-Jährige war auf Einladung des regierenden Bürgermeisters von Berlin zu Gast in der Region und wollte vor einer Schülergruppe von seinen Erlebnissen während der Zeit des Nationalsozialismus erzählen.
Eine solche Gelegenheit muss eine Schule nutzen, wenn sie Geschichte lebendig erzählen will. Zugleich ist eine fundierte Auseinandersetzung mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte insbesondere in Zeiten, in denen Populismus und Rechtsextremismus wieder an Boden gewinnen, notwendig.
Ein Zeitzeuge berichtet
Als jüdisches Kleinkind erlebte Henry Schachter – dessen gebürtiger Vorname Ariel ist – mit, wie seine Familie vor den Nationalsozialisten fliehen musste. Es war eine Odyssee, die nach der Reichspogromnacht am 9./10. November 1938 begann. Sie führte von Frankfurt (Main) über Polen nach Belgien. Dort, getrennt von seinen Eltern, überlebte er den Holocaust in einem Versteck. Seine Mutter starb in einem Konzentrationslager an Typhus, sein Vater wurde bei einem Fluchtversuch während des Todesmarsches aus dem Vernichtungslager Auschwitz kurz vor der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee getötet.
Der heute in Großbritannien lebende Henry Schachter war in Begleitung seiner Tochter gekommen. Er forderte unsere Schülerinnen und Schüler heraus, indem er seine Ausführungen nahezu ausschließlich auf Englisch darbot. Doch nach eigenem Bekunden stellte dies für diese kein Problem dar. Aufgrund des straffen Reiseprogramms von Herrn Schachter blieb am Ende wenig Zeit, um vertiefende Fragen zu stellen. Doch die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler zeigten, dass sie von dem bewegten Leben Schachters beeindruckt waren.
Herr Rietzl
stellvertretender Schulleiter
Ergänzend und passend zu Henry Schachters Geschichte möchten wir das Gedicht von Martin Niemöller anfügen:
Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
Martin Niemöller, dt. evang. Theologe (1892–1984)